Anna-Lena ist das Gesicht hinter dem Instagram Account geliebtes.Sternenkind. Zum ersten Mal teilt Sie Ihre persönliche Geschichte mit uns und Ihren Followern. Sie lässt uns teilhaben an Ihrer unheimlich traurige Geschichte und ich bin dankbar, dass sie diesen Mut dafür aufgebracht hat. Auf Ihrem Account tauschen sich fast 6000 Eltern täglich über Sternenkinder aus. Ein solcher Account ist notwendig, denn er gibt Eltern einen sicheren Ort sich mit anderen auszutauschen, die auch einen Verlust erlebten haben. Man fühlt, dass man nicht allein ist und wird verstanden.
Anna-Lenas Geschichte
August 2013 – Vor neun Jahren hielt ich den positiven Test in der Hand. Mit gerade mal neunzehn Jahren. Frisch verliebt, erst kurz zusammen & acht Wochen vor dem Start meiner Ausbildung im Krankenhaus.
Wenige Tage später, an einem Mittwoch, war ich dann bei meinem Arzt. Er machte einen Ultraschall und sah sofort, dass es eineiige Zwillinge werden. Mono-mono-Zwillinge. Nicht unbedingt ideale Voraussetzungen, laut ihm. „Diese Art der Schwangerschaft endet häufig in einer Totgeburt. Denken Sie über einen Abbruch nach. Sie sind noch jung“.
So saß ich dann noch eine Weile beim Arzt in einem kleinen Zimmer, weil ich nicht aufhören konnte zu weinen und nicht in der Lage war, nach Hause zu fahren. Eine ungeplante Schwangerschaft, Zwillinge & eine Risiko Schwangerschaft. Zu viel auf einmal.
Eine Risikoschwangerschaft
Zuhause haben wir dann viel gegoogelt, recherchiert und geredet. Wir schaffen das!
Die erste Zeit verlief recht gut. Ich habe immer darauf vertraut, dass alles gut werden wird. Wir waren auf Grund der Risiko Schwangerschaft alle zwei Wochen zum Ultraschall und mit jedem weiteren Termin wuchs die Freude und das Vertrauen in meinem Körper. In der 14 ssw bekam ich plötzlich eine Sturzblutung. Ich war mir sicher, dass nun alles zu spät ist. Wir fuhren sofort zu meinem Arzt, wo wir auch sofort ins Behandlungszimmer durchgehen durften. Man sah direkt zwei schlagende Herzchen. Die starke Blutung kam von einem riesigen Hämatom, was vorher niemanden aufgefallen war. Er rief einen Krankenwagen und ich wurde ins Krankenhaus gefahren. Dort folgten dann weitere Untersuchungen und die Ärzte stellten fest, dass der Fruchtwasser-test ebenfalls positiv war. Durch die Blutung ist die Fruchtblase gerissen und ich hatte seitdem strikte Bettruhe und bekam Antibiotika. Den Babys ging es zum Glück wunderbar. Nach 7 Tagen war der Test negativ. Der Riss hatte sich von alleine wieder verklebt und ich durfte nachhause. Unter der Bedingung, weiterhin Bettruhe zu halten.
Wieder zu Hause
Die Tage vergingen zuhause nur langsam. Ich googelte immer häufiger, nach Erfahrungen mit Mono-mono-Zwillinge und wurde zunehmend unruhiger. Die Nabelschnüre der Babys waren ein riesen Knäul. Es hätte jederzeit vorkommen können, dass sich ein Baby einmal zu viel dreht/bewegt & sich ein gebildeter Nabelschnurknoten zuzieht und beide versterben. So oft waren wir im Krankenhaus oder bei meiner Ärztin, weil ich keine Bewegungen mehr gespürt habe & dachte, die beiden sind gestorben. Irgendwann, bei der Feindiagnostik haben wir dann erfahren, dass wir zwei Mädchen bekommen und eine der beiden einen Herzfehler hat. Wir wurden nach Bonn in die Uni-klinik überwiesen. Die würden sich damit besser auskennen. Es folgten regelmäßige Termine und alle waren sich einig, dass man sie direkt nach der Geburt operieren muss aber alles gut behandelbar sei. Ab der 33 ssw wurde ich dann stationär aufgenommen und bekam plötzlich vorzeitige Wehen. Seitdem hatte ich wieder strikte Bettruhe und bekam Wehenhemmer, um die Geburt noch etwas aufzuhalten, damit beide noch etwas zunehmen können. Am 26. Februar war dann der geplante Kaiserschnitt. Fünf Wochen zu früh, aber sie konnten die Wehenhemmer nicht noch höher stellen. Wir waren so aufgeregt und voller Vorfreude 🖤
Die Geburt der Zwillinge
Der Kaiserschnitt begann und weil sie nicht wussten, welches von den beiden nun das Baby mit Herzfehler ist, wurden beide direkt mitgenommen. Niemand konnte mir sagen, wie es ihnen geht. Ich wurde fertig gemacht und in den Aufwachraum gebracht. Die Kardiologin kam und sagte, dass alles doch etwas komplizierter sei, als vorher angenommen. Aber es würde alles gut und sie würden das hinkriegen. In einem Bettchen, an unzähligen Kabeln, schoben sie Klara kurz zu uns, bevor sie direkt wieder zu weiteren Untersuchungen musste. Die Zeit verging und ich lag weiterhin im Aufwachraum, bis ich in den Kreißsaal zur Überraschung verlegt wurde. Nach zweieinhalb Stunden brachten sie mich dann auf die Kinder ITS, wo Lina frisch gebadet und angezogen in ihrem Bettchen lag. Ich bekam sie auf die Brust gelegt und wir durften eine Weile kuscheln und uns kennenlernen. Die Zeit verging. Wie es Klara ging, konnte mir niemand sagen. Plötzlich kam eine Hebamme unter Tränen rein und sagte, dass die Ärzte angerufen haben. Es geht Klara zunehmend schlechter und sie würden mich sofort in die Kardiologie bringen. Der Herzfehler war deutlich schlimmer und nicht behandelbar. Bis heute frage ich mich, warum das keinem Arzt aufgefallen ist. Wir waren bei so vielen Ärzten zum Ultraschall und niemand will gesehen haben, wie ausgeprägt der Defekt ist? .. sie verstarb nach kurzem elf Stunden auf dieser Welt in meinem Armen.

Die Zeit danach.
Die Zeit danach war furchtbar. Ich verfiel in Depressionen, verletzte mich selbst & bin mir sicher, hätte ich nicht für Lina da sein müssen, wäre mein Leben an dieser Stelle auch vorbei gewesen. Unsere Beziehung zerbrach kurzerhand noch vor dem ersten Geburtstag/Todestag. Zu unterschiedlich gingen wir beide mit der Trauer um. Einige Monate später fing ich eine Therapie an & war in einer neuen Beziehung. Ich habe eine Ausbildung nachgeholt, wir haben geheiratet, ein Haus gekauft & zwei Folgewunder bekommen. Und obwohl die erste Zeit so unglaublich dunkel und hoffnungslos war, bin ich froh, niemals aufgegeben zu haben. Trotz allem was passiert ist, ist das Leben schön & ich bin froh, dabei zu sein 🖤
Liebe Anna-Lena, für dich ganz doll gedrückt.
Danke!