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Janine hat ein Kind an der Hand und eins im Herzen.

Vor einer Weile hatte ich das Glück, die Liebe Janine kennenzulernen. Janine ist Mutter von Zwillingen. Sie engagiert sich seit 3 Jahren für den Verein „in Liebe gehüllt e. V.“ und unter dem Namen „Potsdamer Mädels-gemeinsam für Frühchen und Sternchen“ nähen, stricken, häkeln und basteln sie für die umliegenden Krankenhäuser. Der Fokus vom von in Liebe gehüllt unterliegt auch den Frühchen, daher statten sie auch zum Beispiel die Neonatologie vom Klinikum Westbrandenburg in Potsdam und Brandenburg aus. Sie möchten mit Ihren handgefertigten Sachen Trost spenden und Eltern von Frühchen und Sternchen unterstützen.

Janine war vor 4 Jahren mit Zwillingen schwanger. Ihr Sohn Luke konnte leider nur wenige Tage bei seinen Eltern bleiben. Den folgenden Text schrieb Janine damals in einer Gruppe für Sternenkindmamas. Solche Gruppen sind ein wahrer Segen, denn dort kann man über sein Erlebtes sprechen. Man erfährt ehrliche Empathie.

Janines persönliche Geschichte

„Am Donnerstagabend den 07.12.2017 um 22.30 Uhr fuhr mich mein Freund Carlo mit Verdacht auf bestehende Wehen ins Krankenhaus. Ich war gerade in SSW 26 + 3. Im Krankenhaus wurde ich untersucht. Es kam heraus, dass es wirklich welche sind. Leider war auch die Fruchtblase sehr weit vorn gewesen. Um eine optimale Lungentätigkeit vorauszusetzen, wenn die Mäuse zur Welt kommen, sollten sie zur Entwicklung noch mindestens 2 Tage, besser sogar 10 Tage im Bauch bleiben. Daher bekam ich Wehenhemmende und andere wichtige Medikamente wie ein Lungenmittel und Antibiotika gespritzt. Danach wurde ich aufs Zimmer gebracht. Die leicht vermeintlichen Wehen wurden jedoch immer heftiger bis hin im Minutenkontakt, sodass ein Not-Kaiserschnitt unausweichlich wurde. Zu unserem Glück im Unglück waren gleich alle wichtigen Ärzte vor Ort gewesen. Lara (2:41 Uhr, 34 cm groß und 745g schwer) und Luke (2:42 Uhr, 980g schwer und 37 cm groß) kamen auf die Welt. Schon am selben Tag wollte Lara nicht mehr über den Tubus beatmet werden. Sie wollte lieber selbstständig atmen, sodass sie stark dagegen ankämpfte und ihre der Tubus noch am selben Tag zur Mittagszeit entfernt wurde. Am Nachmittag kämpfte auch Luke dagegen an, sodass er ihn auch zum Abend hin abbekam. Beide waren relativ stabil. Am nächsten Tag durfte ich sogar schon mit Luke kuscheln. Geplant war eine 1 Std. gewesen, weil sie ihre Körpertemperatur noch nicht so lange halten können. Er machte es so toll, dass daraus fast 1 1/2 Std. wurden. Am nächsten Tag bekam Luke jedoch Atemprobleme, sodass Schwestern und Ärzte schnell handeln mussten. Er war dann so weit erst einmal stabil. Nachmittags besuchte ich beide. Sie berichteten mir von Lukes Atemschwierigkeiten. Noch während des Besuches ging es ihm wieder schlechter. Ich musste das Zimmer verlassen und ging erst wartend den Flur auf und ab, aber dann doch auf mein Zimmer. Der Arzt meinte, er kommt etwas später nach und erzählt mir alles im Zimmer. Total fertig rief ich meinen Mann Carlo an, der sich gleich auf dem Weg zu uns machte. Kurz nachdem die zwei Ärzte auf meinem Zimmer eingetroffen waren, war auch Carlo angekommen. Wir gingen gemeinsam auf die Neonatologie hoch. Leider musste uns mitgeteilt werden, dass Luke es nicht schaffen wird und nur noch die Option bleibt, ihn gehen zu lassen. Damit er von all dem nichts mehr mitbekommt, wurde ihm unter anderem ein Schlafmittel gegeben und er konnte in meinen Armen einschlafen. Am nächsten Tag haben sie Luke in ein Zimmer gebracht. Meine Eltern und ich konnten uns von ihm noch einmal verabschieden. Ich ließ ihn mir auf den Arm legen und trauerte zusammen mit meinen Eltern. Sosehr wir nun in Trauer sind, ihn gehen lassen zu müssen, so sehr sind wir auch stolz auf ihn. Er war so tapfer und stark gewesen und er hat uns Dreien das Leben gerettet. Luke hatte es schon in meinem Bauch gespürt. Er wollte nicht, dass auch seine Schwester und Mama verletzt werden. Er gab mir auch alle Kraft, um ein erstes und gleichzeitig letztes Mal mit Mama länger als geplant kuscheln zu können. Jetzt wacht er in Frieden über uns. Nachtrag: Wir ließen ihn obduzieren, um damit anderen betroffenen Familien helfen zu können. Zu dem Zeitpunkt gab es drei Vermutungen, unter anderem die Lungenblutung. Die Pathologin stellte fest, dass Luke an einer Lungenblutung gestorben sei und diese schon in meinem Bauch begonnen hatte.“

Unser gemeinsamer Besuch im Friedwald.

Janines Geschichte macht mich unendlich traurig. Wir zwei lernten uns über Facebook kennen, denn ich wollte gerne mein Brautkleid an ihren Verein spenden. Ich erzählte Ihr von dem Trauerschmuck und welche wunderbare Möglichkeit es wäre den kleinen Luke durch ein persönliches Erinnerungsschmuckstück bei sich tragen zu können. Janine meinte, wenn sie früher von uns erfahren hätte, hätte sie sich gerne ein Schmuckstück anfertigen lassen, doch sie habe keine Erinnerungsmaterialien mehr. Mich ließ Ihre Geschichte einfach nicht los und dann kam mir die Idee. Janine erzählte mir mal, dass Luke im Friedwald beerdigt worden sei. Ich schlug ihr vor, dass wir Materialien vom Baum einarbeiten lassen könnten. Janine gefiel die Idee und ich durfte sie zu Lukes Baum begleiten. Für mich war es das erste Mal, dass ich einen Friedwald besuchte. Ich kann vollkommen verstehen, dass Sie und Ihr Freund Carlo sich für diese Form der Bestattung entschieden haben. Die Atmosphäre ist eine ganz besondere. Es ist ruhig und trotzdem ist dort Leben. Die Vögel zwitschern, die Käfer krabbeln. Es summt und knistert. In diesem Friedwald gibt es extra Sternenschnuppenbäume. An so einem Baum ist auch der kleine Luke beigesetzt. Der Gedanke, dass er dort nicht allein ist, finde ich wunderschön. Wir nahmen etwas frisches, saftiges Moos unten vom Stamm und noch ein wenig Rinde. Das Schmuckstück wird wunderschön, da bin ich mir sicher. Mich hat dieser Tag noch lange beschäftigt. Ich war traurig und beeindruckt zugleich. Janine ist eine so starke und wunderbare Frau und Mutter. Sie schafft es, dass Luke im Familienalltag einen festen Platz hat. Lukes Zwillingsschwester hat uns bei dem Besuch zu Luke begleitet und sie hat sofort mein Herz erobert. Sie hat mir von Ihrem Bruder erzählt und dass Sie ihn vermisst und das auf eine so wunderbare herzliche Art. Beim Erzählen flogen zwei Schmetterlinge an uns vorbei und sie war sich sicher, dass die Ihren Bruder besuchen würden. Ich hatte das Gefühl, spüren zu können, welche besondere Verbundenheit von Zwillingen ausgeht.

Danke für diesen Tag und das Vertrauen, liebe Janine.

Nachtrag 15.06.2021.  Das Erinnerungsarmband aus Moos und Rinde von Lukes Sternenbaum

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